Selbsterkenntnis und Eigensinn


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9.4 Sinn suchen

9 Eigensinn


Es scheint mir inzwischen schon als Eigensinn, wenn ich nach einem Sinn meines Lebens suche. Für mich gibt es den nicht - ich brauche ihn nicht, weil mein Leben nicht irgendwann
dann stattfindet, sondern jetzt, nur allein in diesem Augenblick, wo ich mich neu entscheiden kann, in jedem Moment selbst antwortend auf den Fluß des Lebens.

Nun will ich dieser mir offensichtlichen Unsinnigkeit von Sinnsuche nicht den Sinn absprechen. Vielleicht mißverstehe ich die Sucher mit der Hoffnung auf Sinn, die damit vielleicht nur einen anderen Ausdruck finden für das, was für mich ist dieses "mich gut aufgehoben wissen in meinen Bindungen an Gestern und Morgen, Oben und Unten und an meine Mitte". Wäre das nicht so, fände ich die, die von Hoffnung reden, nicht mutig sondern eher blind.

Denn, immerhin, der Glaube kann Berge versetzen, aber wohl nicht könnte Hoffnung eine Überschwemmung verhindern. Und schon gar keine von Menschen gemachte. Die Elbe-Flut und die Oder-Flut gehört vielleicht zur dritten Kategorie von Angelegenheiten, ist vermutlich Angelegenheit der Natur oder Gottes. Die Überschwemmung ganzer Ortschaften ist Angelegenheit von Menschen, die gebaut haben ins Überschwemmungsgebiet von begradigten Flüssen, ist Angelegenheit von Menschen, die Polder abdeichen, die wasserspeichernde Wälder abholzen und Sümpfe trockenlegen. Vielleicht ist es leichter, mit 'Zuversicht' zu arbeiten - für mich liegt sie näher als Hoffnung an meinem Handeln.

Wohl liegt erkennbarer Sinn in jeder meiner Entscheidungen und in jedem Moment dieses Lebens in Hinblick auf die Erwartungen, Ziele, die ich damit verknüpfe. Also nichts, was gegen Bedeutungen spricht, die ich meinen Zu-Fällen zuschreibe, nichts was gegen Erwartungen spricht. Sie haben sicher ihren Sinn. Nur erfüllt werden sollten sie halt nicht immer, weil das auch Sache der Realität, Gottes, der Anderen, der Geschichte etc. ist.

Wir haben Erwartungen, wenn wir uns eine glücklichere Zukunft vorstellen. Eine Zukunft zu haben, bedeutet also meist, Angst zu haben. Denn es ist ein Traum, der bedroht werden kann. Manchmal geht er in Erfüllung - dann sind wir glücklich. Manchmal geht er nicht in Erfüllung - dann sind wir unglücklich. In jedem Fall ist es ein Traum. Und ich sage nicht, daß Du je aufhören solltest zu träumen. Aber wenn Dir Dein Traum nicht behagt, und Du liebevoll geweckt werden möchtest, dann ist es an der Zeit, eine Work zu machen.
Mein Leben sollte einen Sinn haben.

  • Bitte? Ist das wahr?

Ja!
Wirklich? Hm.

  • Was hast du davon, wenn du diesen Satz glaubst?

ich suche immer im Außen nach einem Sinn. Denke, wenn ich dies und das und jenes hätte, dann habe ich meinen Sinn und mein Leben ist wunderbar erfüllt. Ich suche und suche und orientiere mich an anderen, denke, boah, die hat das und das, die hat ihren Sinn gefunden im Leben! Ja, eigentlich suche ich immer nur ....

  • Wer wärst du, wenn du nicht denken würdest, du brauchst einen Sinn im Leben?

Ich wäre nur. Würde sehen, nicht außen ist der Sinn, sondern ich bin der Sinn, indem ich einfach bin. Einfache schaue. Und genieße! Und nichts den anderen neide. Wie schön!

  • Wie könnten Umkehrungen lauten?

Mein Leben sollte keinen Sinn haben! Genau! Wie komme ich denn, bitte sehr, darauf, daß mein Leben einen Sinn haben sollte! Ups! Jetzt sehe ich erst, wie bescheuert das ist! Oh, herrlich, mein Leben hat schon einen Sinn - nämlich daß ich hier und jetzt gerade bin. Oder: Mein Denken sollte einen Sinn haben. Ja, das auch. Ich brauche einen Sinn in meinem Leben - ich brauche keinen Sinn in meinem Leben. Genau so ist es. Herrlich entspannend. Oder: Mein Denken braucht einen Sinn in meinem Leben. Ja, damit es sich daran festklammern kann, damit es sich nicht auf sich selbst konzentrieren muß. Irgendwie süß das Denken -

So lösen sich die meisten Erwartungen sofort sich auf, als Kopfgeburten, werden als Gedankenfehler, als Wahnnehmung erkennbar, wenn ich mit den 4 Fragen und der 5. nach der Umkehrung an sie herangehe. Erwartungen sind die Quelle von Groll - Groll ist die Quelle von Kränkung. Hoffnung ist trügerisch. Sie nimmt mir die Selbstbestimmung, läßt mich etwas verschieben auf die 'Gunst der Stunde' oder den 'lieben Gott', 'damit ich ins Paradies komme'. Das Para-Dies ist dieses hier, mein Leben, genau wie die Hölle, genau wie der liebe Gott und das Böse. Jetzt! Und ich habe noch immer den freien Willen, eine Wahl.

Sollte es tatsächlich so etwas wie das große, letzte Ziel geben, o. k. Doch ich bin so glücklich, so zufrieden mit der Vollständigkeit dieses Moments; daß es hier diese Stille gibt, die Töne hört. Gedanken können da ruhig durchwandern. Bewegungen aller Art sind herzlich eingeladen in diese Stille, die alle Bewegungen sieht. Soweit ich sehen kann, kann jeder diese Wahrheit realisieren, wenn er einfach die Anspannung, etwas erreichen zu wollen, losläßt. Was die Illusion der selbständig handelnden Person betrifft. Ja, es ist eine Illusion. Na und? Warum sollte sie nicht da sein? Warum wollen wir eine Art Überwesen sein? Doch nur, weil wir nicht zufrieden sind mit dem, was ist. Ich bin glücklich so wie ich bin. Und ich bin genau wie Du. Dein Grundzustand und meiner ist derselbe. Ich bin damit zufrieden.

Durch den Eigen-Sinn entsteht Sünde, Abspaltung aus Lebensfluß, dem Strömen der ENERGIE, aus dem AllEinen. Aus gutem Grund und mit aller Konsequenz. Eine unendliche Kette von Geschöpfen und Schöpfern: Nun aber in der Spiegelung fließend. Auch meine eigensinnigen Gedanken und Gefühle erzeuge ich zu handelnden Formen, zu kräftigen oder blassen, je nach meiner momentanen Stärke oder Schwäche. Und wie ich sie ausschicke, so kommen sie zu mir zurück.

Wenn ich kleines Licht das kann, was dann erst die Großen! Die sogenannten Magier, Geheimwissenschaften, Leute in allen Zeiten und Regionen haben das erprobt. Der Teufel, den unsere vorherrschenden Szientisten und Agnostiker für einen Knüppel-aus-dem-Sack der Kirchen halten, und den die katholische Kirche vor einigen Jahren mit der Neuauflage ihres Exorzismus-Handbuchs als Persönlichkeit bestätigt hat, könnte unter diesem Blickwinkel recht real sein. Exorzismus funktioniert. Die Mythologien aller Völker aller Zeiten sind voll von den Geschichten über die dunklen Engel, die Luzifers, Lokis und Ahrimans.



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