Hauptmenü
1 Einleitung
Ich will meine Gedanken hier darstellen, meine Bilder, die dieses Bewusstmachen von "Unsagbarkeit" unterstützt haben. Dieses Schreiben vertieft mein Bewusstmachen. - Neue Erklärungen durchdringen zu einer tieferen Ebene, die die vorigen erklärt. Dabei wird erkennbar, dass auch hinter den irrationalsten Verhaltensweisen etwas Verstehbares zu finden ist. - Eigentlich tue ich das für mich; mir macht solche Bastelei Spaß.
Ich bin neugierig, was dabei herauskommt, obwohl mir klar geworden ist, dass ich damit das Gegenteil tue von dem, was ich den Lesern eigentlich hier nahelegen möchte - von den Kopfgeburten abzulassen, um, sich spürend, sich dann dem eigenen Leben zu überlassen. Die Leser werden finden, dass ich oft auf solche Paradoxa stoße.
Die, die es kennen, das dem eigenen Leben sich zu überlassen, werden den Kopf schütteln ob so vieler Worte um eine Selbstverständlichkeit. Aber vielleicht werden sie ja Spaß daran finden, mich an ihrer Erfahrung teilhaben zu lassen, und mich unterstützen, diesen Text besser, klarer zu formulieren. Die, die es bislang nicht für möglich halten, werden den Kopf schütteln ob solcher Phantasien. Aber vielleicht werden sie ja neugierig, das selber auszuprobieren. Vielleicht mögen sie mit ihren Ergebnissen mich dann auch unterstützen, diesen Text besser, klarer zu formulieren. Niemand kann einfach nur lesen, was dasteht; man sieht auch, was nicht drinsteht. (Mail an <info AT selbsterkenntnis-eigensinn . de>).
Dieses 'sich selber spürend dem Leben sich zu überlassen', geben sehr klar und schön einige östliche Lehren. Deren Schwierigkeit scheint besonders darin zu liegen, dass die Möglichkeit, die Lehre zu erfahren, in dem Moment schwindet, wenn sie von ihrem Schüler zu einem Konzept, zu einem mit dem Verstand zu Begreifenden gemacht wird. Lehre ist logisch. Logik ist konsequent und nachvollziehbar. Leben ist widersprüchlich und unvorhersehbar. Der Flash von Erkenntnis ist ein Handeln des Subjekts, kann nicht Nachvollzug eines Schülers sein. Schwimmen lernt man nicht durch Schwimmbücher-Lesen beim Spaziergang am Strand. Buch weg und rein ins Wasser! Das ist meine Entscheidung: Vom trockenen Ufer mindestens bis zum Bauch ins Wasser zu gehen und dann mich in die Horizontale gleiten zu lassen - trotz aller Angst vor Ertrinken nicht starr werden, sondern mit Händen und Füßen entspannt paddeln - dann der Flash von Erkenntnis: Das Wasser trägt den Körper!
Die religiösen Lehren von der Dualität wie der Nondualität können - zumindest anfangs - nur erlebt, nicht bedacht werden. Das Erleben kann durch die enge Meister-Schüler-Beziehung vermittelt werden, kaum durch das Übertragen in die Worte, in Konzepte. Denn Sprache liegt auf einer anderen Bewusstseinsebene als Erleben. Zugleich beide Ebenen, die schließen sich im Alltagsbewusstsein gegenseitig aus. Suche ich mir ein neues Konzept, ändere ich nur die Dias in meinem Riesenprojektor, dem Verstand, und so deren Widerschein aus der Welt. Mit dem Erleben werde ich, unsagbar, diese Welt.
Diese religiösen Lehren bieten großartige Werkzeuge zur Selbsterkenntnis. Doch will ich dabei niemals vergessen, dass es mir um die sinnvolle Anwendung der Werkzeuge geht, nicht um die Lehre, aus der die kommen. Denn die meisten dieser Lehren haben im Laufe der Jahrhunderte ihres Bestehens grausame Theokratien entwickelt, die ihre Anhänger und die ihnen Unterworfenen in schreckliche Abhängigkeiten gebracht haben. Alle Theokratien, entgegen ihren hehren Grundsätzen, zeichnen sich aus durch Massenmord und Unterdrückung. Insbesondere die drei großen monotheistischen Religionen eint die grundsätzliche Gemeinsamkeit von Haßgefühlen der Männer, die sich als die zuständigen Interpreten von "Gottes Wort" aufspielen, ihren Haß auf die Intelligenz, den freien Gebrauch von Verstand und Vernunft, weil Monotheisten dem Gehorsam und der Unterwerfung den Vorzug geben, ihren Haß auf das Leben verbunden mit einer unerschütterlichen Todessehnsucht, ihren Haß auf ein mit Geringschätzung betrachtetes Diesseits im Hinblick auf ein Jenseits, wo angeblich allein Wahrheit und Glückseligkeit zu finden seien, ihren Haß auf den Körper im Gegensatz zur Seele und nicht zuletzt ihren Haß auf die Frauen und eine freie Sexualität[1]. Der amerikanische Physiker und Nobelpreisträger Steven Weinberg sagte einmal treffend: "Religion ist eine Beleidigung der Menschenwürde. Mit oder ohne Religion können sich gute Menschen gut verhalten und böse Menschen Böses tun; aber damit gute Menschen Böses tun - dafür braucht es Religion."
Diese Dias will ich nicht in meinen Projektor schieben; die will ich, Kind des christlichen Abendlands und Bürger der Bundesrepublik, in der Staat und Kirche vielfach verflochten sind, endlich und auch mittels dieser Werkzeuge aus meinem Kopf heraus schaffen!
[1] Michel Onfray: Wir brauchen keinen Gott - warum man jetzt Atheist sein muss; 2006; Piper
Untermenü