Selbsterkenntnis und Eigensinn


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7.10 Höheres Selbst

7 Wo und was ist Ich?


Ich nenne ab jetzt den 'ich', der sich zur Einkörperung entschieden hat, das
"Höhere Selbst", "Göttlichen Glanz". Von all meinen Ich schwingt er am höchsten, am feinsten. Er ist und weiß sich als Licht im Licht, ist Liebe, Teil der ENERGIE, der AllEinheit, weiß sich intelligent und liebevoll, unteilbar, im Fließen, im Einklang.

Das Neue Testament, mit den Christusworten, ist voll von Sätzen, die das
Höhere Selbst spricht, gültig für alle, Deines, meines, jedes Menschen. Nur sollten wir von diesen Worten 2000 Jahre Ideologie abblättern.

"Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben" sagt der Mensch Christus. Denn das Wort ist Fleisch geworden, wirklich, ganz existentiell, nicht als Verkleide-Spiel eines Gottes, zu dem ich nur aufschauen könnte und zu dessen Verstehen ich eines Priesters, Lamas oder Gurus bedürfte. Jesus ist ja noch weiter gegangen und hat gesagt: "Jeder von euch kann tun, was ich getan habe". Und so kann denn jeder Mensch mit Fug und Recht sagen: 'Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben'. Das, ernst genommen, hat tausend Konsequenzen für diesen Menschen in allen Lebenslagen! Unausweichlich Selbstverantwortung.

In den Bitten des Vaterunser
[1] steckt das auch: '...Dein Wille geschehe...': "BITTE für heute sei ich frei von Eigensinn!"; '...unser täglich Brot gib uns heute...': "BITTE für heute sei ich frei von Angst!"; '...vergib uns unsere Schuld wie auch wir vergeben...': "BITTE für heute sei ich frei von Stolz!" Es geht um meine Selbsterkenntnis und um meinen Umgang mit meinem Dreierpack von Eigensinn, Angst und Stolz.

"Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" ist keine Aufforderung zur geschmeidigen Sozialverträglichkeit, zur Nächstenliebe [2], zu einer sozialen Lebensversicherung im 'ich gebe, damit du gibst'. Entscheidend ist der 2. Halbsatz "...wie dich selbst ": Es geht um mich, um meinen Umgang mit mir, um eine Hilfe für mich, der die Unausweichlichkeit seiner Selbstverantwortung erkannt und akzeptiert hat, auf meinem Weg, durch meine Wahrheit und in mein Leben. Der mir da gegenüber steht, ist mein Spiegel. Treffender sagt das der griechische Urtext "Liebe Deinen Nächsten als Dein Selbst". Du, das Wellenpaket in unbegrenzbarer Resonanz.

"Du sollst Deine Eltern ehren, auf daß es Dir wohlergehe auf Erden" meint nicht eine Art Generationenvertrag zur Altersversicherung, gar das Siegel auf Erziehung, sondern sagt:"Sei achtsam für Deine Ganzheit, auch mit Deinen Wurzeln; denn das bist in diesem Spiegel Du auch". Ich bin versöhnt mit diesen Wurzeln. Und diese Wurzeln will ich in Ehren halten, denn auch die Irrtümer, die ich im Rückblick bei ihnen feststellen könnte, waren damals ihr und damit jetzt immer noch mein Bestes, haben mich zu dem gemacht, der ich bin als deren Sohn. In Ehren halten. - Lieben muß ich dieses Beste deshalb nicht, ich will das ja nicht wiederholen, aber ich will diesem Besten immer die Ehre erweisen. Was ich aus Kontakten mit den Ahnen gelernt habe, ist: Wir sollen als Minimalforderungen anerkennen, daß sie es als Eltern auf sich genommen haben, uns hier in diese Inkarnation gebracht zu haben. Dafür wollen wir ihnen die Ehre erweisen, weil sie dieses in ihrem Leben auf sich genommen haben. Und dazu gehören auch die Eltern der Eltern und deren Eltern - auch wenn wir sie nicht mehr kennen - von denen wir unsere Genome und einen Teil unserer Traditionen und Geschichten übernommen haben. 'Versöhnen' bekam dadurch für mich einen ganz anderen Klang: ich anerkenne mich als Sohn dieser Ahnen. Ich weiß sie hinter mir stehend als Teil meiner Kraft, mit der ich ohne Rück-Sicht vorwärts gehen.

"Gebt denn dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist" meint nicht Treuegelöbnis zum jeweiligen Verein oder zur Steuerehrlichkeit, sondern will diesem '...wie dich selbst' seine doppelte Wurzel in Erinnerung bringen und seine doppelte Verpflichtung, in Selbstliebe und Selbstverantwortung gut für sich zu sorgen in der weltlichen Welt wie in der geistigen, heißt, in keiner von beiden sich weder zum Märtyrer zu machen noch mit dem eigenen Denken aufzuhören. Das umfaßt mich als leibliches und als geistiges Wesen.

Und, klar, wie kein Dunkel ohne Licht, so kein Licht ohne Dunkel. In diesem Großen Buch der Christen stehen auch Sätze des
Niederen Selbst, der Dunkelwelt, die das Dunkle in jedem von uns verstärken. So wissen wir aus Hypnotherapie für Vorsatzformeln und seit Urzeiten aus vielen esoterischen Schulen für die Affirmationen, daß Verneinungen nicht wirken, im Gegenteil, daß sie das Unverneinte stärken. Wenn es also heißt "du sollst nicht töten", "... nicht ehebrechen" oder "... nicht stehlen", so verlangt das vom Unbewußten, zu töten und Ehebruch und gibt dem globalen Kapitalismus den dunklen Segen zur globalen Ausbeutung. Offensichtlich mit Erfolg, wenn ich in meine reale Umwelt schaue.

Auch hier ist es spannend, auf die Quellen zu schauen. So habe ich mir sagen lassen, daß im hebräischen Urtext die 10 Gebote als Verheißung formuliert seien: "Wenn du mich als deinen Einzigen Gott wählst, dann wirst du keine anderen Götter finden neben mir ... wirst du dir von mir kein Bildnis machen ... ... wirst du nicht töten, ehebrechen, stehlen ...". Das macht Sinn! Da kann diese Idee vom Obersten Ganzen nicht verkommen zu dem alten Mann mit weißem Bart, an den zu glauben ich im Religionsunterricht meiner Kindheit lernen sollte. Da wird begreifbar, daß dieses Universum 'Liebe' ist. Jede Zelle, jeder Organismus, jeder Planet, Stern, alle Galaxien sind stets ein Zusammenhängendes in vertrauensvoller Kommunikation - was ist Liebe anders und wie ließe sich für Liebe ein Bildnis oder ein Gleichnis machen? Dann löst sich der Antagonismus von Licht und Dunkel auf. Licht = Liebe, Dunkel = Abwesenheit von Liebe. Solche Abwesenheit macht Angst. Angst schreit nach Sicherheiten. Das Verlangen nach Sicherheiten läßt Menschen oft schreckliche Dinge tun - das nennen wir "Böse".

Nützlicherweise habe ich vieles vom Früheren vergessen, aber das nicht: Wo ich herkomme, wo ich hingehe. Auch das ist gültig für alle, die sich je eingelassen haben auf die Frage nach dem Ursprung. Dieses Wissen ist der Antrieb für die vielen Modelle über Geist und Seele, für alle Religionen, für die diversen Techniken, Qigong, Yoga, Tantra, Meditation, um damit gesicherte Informationen in die Modelle einzubauen.

Ich bin vom Göttlichen Glanz.

Andere mögen das Körpergewahrsein nennen oder 'Bewußtheit im Fühlen des Seins'. Das sind nur unterschiedliche Weisen, diese Qualität zu benennen, wo die Bewußtheit nicht gestört wird vom Anhaften an Geschichten. Dieses Gewahrsein des
Göttlichen Glanz ist immer präsent. Es geht nie verloren; es scheint nur wie vergessen, nur verdeckt z.B. als Ergebnis unserer Abhängigkeit von Geschichten. Denn die Aufmerksamkeit tendiert dazu umherzustreifen. 'An einem Glaubenssatz fest zu hängen' ist eine andere Weise, dies zu beschreiben, wie die Aufmerksamkeit sich an Gedanken heftet. Es ist diese Fixierung, die das 'Gedanken-/ Glaubenssätzen-/ Geschichten-anhängen' so ungemütlich macht.
Ohne diese Fixierung sind wir frei, das märchenhafte Wunder "zu sein", uns als den
Göttlichen Glanz zu bemerken. Das ist in jedem Moment möglich, auch da, wo wir traditionell etwas 'unglückliche emotionale Zustände' nennen. Tatsächlich werden auf diese Weise 'zu sein', ohne die Fixierung, nun Schmerz, Wut, Ärger, Traurigkeit und Angst transformiert in ihre lustvollen Aspekte. Das Fühlen, die fließende Energie ist nicht verändert - aber ohne die Geschichten erscheint es völlig verschieden. Höheres Selbst, Niederes Selbst sind handliche Umschreibungen dazu.




  • [1] Manche Irrtümer halten sich hartnäckig und besitzen die Kraft, das kollektive Bewusstsein ganzer Völker über Jahrtausende zu verdunkeln. Übersetzungsfehler oder - was die Sache besser trifft - einseitige Übersetzungen, die dann durch verzerrte Wahrnehmung noch weiter verfälscht wurden, haben in der Geistesgeschichte schon viel Unheil angerichtet.
  • Das Vaterunser nun hat durch einseitige Übersetzung zu einem ähnlich tendenziösen Verständnis geführt. Dem Forscher NeilDouglas-Klotz zufolge liegt das vor allem daran, dass lange Zeit die griechische Übersetzung des Neuen Testaments als die massgebliche galt. Das Griechische transportiert aber - verglichen mit dem Aramäi-schen, der ursprünglichen Sprache Jesu - eine ganz andere Mentalität, ein anderes Bewusstsein. Die Sinnverzer-rung liegt also schon im Ursprung des organisierten Christentums.
  • Betrachten wir nun das aramäische Vaterunser nach Neill Douglas-Klotz. Das erste was auffällt, ist dass die Be-deutung des Wortes "awuun" (meist mit "Vater" übersetzt) geschlechtsneutral ist. Klotz übersetzt mit "O Gebä-rer(in), Vater-Mutter des Kosmos" (womit auch die Suggestion, Gott halte sich ausschliesslich im Himmel, nicht auf der Erde auf, vom Tisch ist). Der Aramäisch-Gelehrte Rocco Errico sagte auf einer Audio-CD über das Vater-unser, "awuun" sei ein familiäres Kosewort, es könne für Vater oder Mutter, Sohn oder Tochter, Bruder oder Schwester gleichermassen verwendet werden. Das mag überraschen, weil es ein solches Wort im Deutschen gar nicht gibt, ausser vielleicht "Schatz" oder "Liebes". Eine mögliche (ausführlichere) Übersetzung wäre angelehnt an Errico und Douglas-Klotz: "Geliebtes Schöpferwesen, das überall im Universum und in meiner Seele gegen-wärtig ist".
  • Es gibt noch weitere solche Begriffsverschiebungen. So bedeutet etwas "lachma" im Aramäischen sowohl "Brot" als auch "Einsicht". Douglas-Klotz sagt: "Gewähre uns täglich, was wir an Brot und Einsicht brauchen".
  • Also Nahrung für Leib und Geist gleichermassen. Der "Schuld"-Vers lautet in der Neuübersetzung: "Löse die Stränge der Fehler, die uns binden". Eine befreiende Botschaft, die an das Sprengen von Fesseln erinnert. Das Wort für "Vergeben" (ausgesprochen ungefähr "waschwoklähn") trägt im Kern die Bedeutung "Rückkehr zum ur-sprünglichen Zustand". Und das Wort für "Versuchung" (l'nisiona) meint in der ursprünglichen Bedeutung "innere Unruhe, die uns von unserer eigentlichen Lebensaufgabe abgelenkt." Also nichts von einem Vater, der uns vor-sätzlich in Versuchung führt.
  • Buchtipp: Neil Douglas-Klotz: Das Vaterunser - Meditationen und Körperübungen zum kosmischen Jesusgebet. Verlag Knaur. CD-Tipp: Rocco Errico: Das aramäische Vaterunser zum Selbstlernen. Verlag H.-J. Maurer sowie auch <http://www.bunkahle.com/Aktuelles/Religion/Aramaeisches_Vaterunser.html>
  • [2] vgl. auch Kap. 8.10 Ein bißchen Nächstenliebe




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