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11 Was soll das alles?
Licht oder Dunkel, Gut oder Böse? Gibt es das wirklich? Sind das vielleicht nur Urteile, bedingt durch die jeweils herrschende Lehre der jeweils Herrschenden und ihrer Traditionen? Sind das vielleicht nur einander bedingende Ansichten einer Ganzheit, wie Yin und Yang, notwendige Komplementarität? Hilfreiches Konstrukt, das ich mir aus den Traditionen abgeschaut und mir zusammengebaut habe zur Unterstützung beim Finden all der Entscheidungen des Alltags, jede Sekunde neu. Das Polaritätsgesetz ist ja kein Naturgesetz, sondern nur ein erkenntnistheoretisches Problem.
Bin ich, gehorsam in der Tradition von "Teilchen"-Sozialisation, versessen auf "Meins ist richtig, Deins ist falsch", erpicht auf die Vermeidung von Angst und Schmerz, will oben auf dem Hamsterrad rennen, will nicht dem Kreisen meines Lebensrades folgen?
Was ich wohl als Nächstes tue? Hierzu eine interessante Übung des Erwachten Eckhart Tolle: Du legst oder setzt Dich gemütlich hin und beobachtest Deine Gedanken. Wenn ein Gedanke auftaucht, sagst Du innerlich sofort: "Was werde ich wohl als Nächstes denken?". Es ist hochinteressant, daß hierbei eine "Lücke" entsteht. Der nächste Gedanke taucht nicht, wie üblicherweise sofort auf, sondern läßt auf sich warten, es entsteht in diesem Warten eine Leere, ein völlig gedankenleerer Zustand. Machst du das nach dem nächsten auftauchenden Gedanken wieder, wird die Zeit der Leere bis zum darauf folgenden Gedanken noch länger, so zumindest kam es mir bei dieser Übung vor. Probier es mal, es kann sehr eindrucksvoll sein! Als ob der Verstand sich "ertappt" fühlte und in ein Abwarten (daß meine Aufmerksamkeit von der Beobachtung des Verstandes wieder abgleitet) geht.
Es heißt, das Licht, die Wahrheit sei das, was sich nicht verändert. Sie ist jetzt und immer. Du kannst sie weder erreichen noch verlieren. Sie ist das, was alle Dinge, alle Gefühle und Gedanken wahrnimmt, doch selbst nie erfahren werden kann. Man kann dieses unpersönliche Gewahrsein nicht als die "eigene" Erleuchtung verbuchen. ES ist der "grundlose Grund", die Quelle allen Seins, die ursachlose Freude. Die leitende Frage zur Erkenntnis braucht dann nicht zu sein: "Was muß ich noch tun oder aufgeben, um ... und damit ...", sondern: "Worin erscheint dies alles jetzt, wer oder was nimmt wahr?" Die Antwort darauf ist Stille. Keine Definition greift. Nicht-Wissen. Grund- und sinnlos. Auch eine Art von Mut und Entschlossenheit.
Wenn einem immer klarer wird, daß es nicht auf die Inhalte und die Geschichten auf den Dias, sondern auf das Licht des Projektors durch meine Dias in meinem Kopf ankommt, dann wird jegliche Verrenkung auf der Bühne des Lebens, "um zum Licht" zu kommen, lächerlich, absurd. Vollkommenheit, Erlösung, Erleuchtung werden leere Wörter, werden gelbe und blaue Sandschüppchen für den Kinderspielplatz.
Das Licht ist da, gleichgültig, welche Anstrengung ich unternehme. Sicher, auch ein Konzept. Doch eines, das weniger Raum gibt für Selbstverdummung oder Machtmißbrauch.
Niederes Selbst, Maske, Höheres Selbst - wenn ich das ernst nähme, wenn ich den Gedanken zuließe "wir sind alle Licht im Licht", "wir sind Wellenpakete in Resonanz", dann weiß ich doch, daß Du weißt, was ich weiß, alles genauso sicher weißt wie ich, daß Du mein Mitwisser bist und ich Deiner. Daß wir uns voreinander nicht hinter Masken zu verbergen brauchten. Sinnlos, Kampf gegen die Realität. Welche Möglichkeiten tun sich da auf!
Wilhelm Reich schrieb in "Christusmord": Man kann eine Falle verlassen. Um jedoch aus einem Gefängnis ausbrechen zu können, muß man erst zugeben, daß man im Gefängnis sitzt. Die Falle ist die emotionale Struktur des Menschen, seine Charakterstruktur. (...) Die erste Aufgabe ist, den Ausgang aus der Falle zu finden. Wie die Falle beschaffen ist, interessiert überhaupt nicht, abgesehen von dieser einen entscheidenden Frage: Wo ist der Ausgang aus der Falle? (...) Der Ausgang ist für alle, die in der Falle sind, deutlich sichtbar, und dennoch scheint niemand ihn zu sehen. Jedermann weiß, wo der Ausgang ist. Dennoch scheint niemand eine Bewegung darauf zu zu machen. Mehr noch: Wer sich auf den Ausgang zubewegt oder wer auf ihn zeigt, wird für verrückt erklärt oder man nennt ihn einen Verbrecher oder einen Sünder, der in der Hölle braten sollte. Es stellt sich heraus, daß das Problem nicht die Falle ist und noch nicht einmal die Schwierigkeit, den Ausgang zu finden. Das Problem liegt bei denen, die in der Falle sitzen. [1]
Wir sitzen nicht in der Falle [2], nicht im Käfig. Die Tür steht weit offen. Nicht mal das, es gab und es gibt keine Tür und keine Käfigstäbe. Das sind Überzeugungen in meinem Kopf. Das sind nur die Erinnerungen an Phantasien, die wir kollektiv als Erzogene einstmals sehr klug zum Überleben von Erziehung benutzt haben. Die Archonen der Gnostiker, der IRgendwer von Robert A. Monroe [4] , das sind wir selber, unser kollektives Unbewusstes, unsere herrschenden Regeln von Kulturkreis, Nation, Stamm, Familie.
Bewege ich mich im Labyrinth meiner Leid-Gedanken, so ist das wie in einem zweidimensionalen Flächenland [3], ausweglos. Meine Gedanken untersuchend, kann ich mir die dritte Dimension erschließen, den Raum. Und schon öffnen sich erste Auswege. Ich kann auch die vierte Dimension Zeit mir eröffnen. Nun werden die Verbindungen zwischen einst und jetzt erkennbar, die eine alte Erfahrung, dadurch das dauerhafte Verhaltensmuster, und heute meine Möglichkeiten hin zu grenzenloser Freiheit in Frieden und Liebe. Die Verletzungen der Kinderzeit werden zu sprudelnden Kraftquellen.
Hab ich mir längst zu viele Modelle angelesen, psychologische, philosophische, metaphysische, esoterische? Was ist dahinter meine Realität? Durch die schlichten 4 Fragen und 1 Umkehrung kann ich jeden meiner Gedanken und jedes meiner Gefühle untersuchen. Sofort. Durch die schlichten 4 Fragen und 1 Umkehrung kann ich mein lebenslang angesammeltes Gepäck untersuchen - und ablegen. Sofort. Schicht für Schicht, Schleier um Schleier.
Auf was ich mich beim Untersuchen einlasse, können mir die Modelle von Dante, Pathwork, die Mythologie beschreiben: "Auf mich wartet eine Höllenarbeit". Ist das wahr? Können Sie mit absoluter Sicherheit wissen, daß das wahr ist? Wie reagieren Sie, wenn Sie diesen Gedanken denken? Wer wären Sie ohne diesen Gedanken? Wie könnte eine Umkehrung dieses Glaubenssatzes lauten? In der Stille. In eigenen Herzen.
Diese Modelle beschreiben mir auch, was mich als Folge des Untersuchens erwartet: Mitgefühl, Licht und Liebe. Von der Teilchen-Variante zur Wellen-Variante. Ist das wahr? Können Sie mit absoluter Sicherheit wissen, daß das wahr ist? Wie reagieren Sie, wenn Sie diesen Gedanken denken? Wer wären Sie ohne diesen Gedanken? Wie könnte eine Umkehrung dieses Glaubenssatzes lauten? In der Stille. In eigenen Herzen.
Sicher, manchmal komme ich in The Work an den Punkt, wo ich mich überhaupt nicht mehr fragen möchte, oder, wenn ich doch die Fragen stelle, ich einfach nur wütend werde, was immer das Thema sei. Ich weiß dann "es ist wahr!" Dann frage ich mich, warum ich eigentlich weiß, es ist nicht wahr, und dennoch glaube ich, es sei wahr. Eigentlich ist das lächerlich. Die Lösung finde ich dann, wenn ich an den Punkt komme "Will ich frei sein oder recht haben?" Ich frage mich dann, was bekomme ich dafür, wenn ich recht habe? Ich muß ja keinen Hauch von Glauben fallen lassen.
Es geht nicht um richtig oder falsch oder um mich zu verändern. Ich frage mich ganz lieb, was fürchte ich zu verlieren, wenn das als wahr Geglaubte nicht wahr ist. Es gibt keine Zeitvorgaben für die Ausführung dieser Untersuchung. Ein einziges Konzept aufzulösen kann Jahre kosten oder es wird nie aufgelöst. Dies ist kein Wettbewerb im Auflösen von Glaubenssätzen. Ich habe angefangen, meinen Widerstand besonders zu schätzen. Ihn einfach zu bemerken, kann mich mir schon näher bringen. Loslassen besteht nämlich zunächst darin, anzunehmen, was ist, nämlich daß ich festhalte. Und wenn ich nicht loslassen kann, kann ich genau das zuerst einmal als meine Wahrheit an mich nehmen.
Solch Widerstand kann Teil in meinem Prozeß von Selbsterkenntnis werden und kann genauso mich in meinem Eigensinn unterstützen. "Ich will aber das gelbe Schüppchen, nicht das blaue" höre ich auf dem Spielplatz aus dem Sandkasten das Streiten der Kinder. Diese Seite von Normopathie, unsere kranke Normalität von Erfolgstreben, kann auch sehr unmenschliche Züge annehmen. Leben lernen gelingt vielleicht sogar einfacher aus dem Scheitern. Über die Leiderfahrung werde ich wacher für die Kunst des Scheiterns, für das Geschenk des Mißerfolgs.
Religiöse Menschen mögen es da einfacher haben, wenn sie sich in Gottes Hand wissen. Ich neige nicht zum religiösen Glauben, mir fehlt kein Super-Über-Ich. Ich untersuche meine Gedanken und komme so jedesmal näher an das "Lieben was ist", in die Realität des ES IST. Ich weiß mich meist geborgen in dieser ungreifbaren Wirklichkeit zwischen Nicht-mehr und Noch-nicht. So kann ich immer öfter heiter, gelassen, mitfühlend und beherzt leben. Denn in diesem Punkt Gegenwart falle ich nicht in die grenzenlose Vereinzelung, sondern weiß mich gut aufgehoben in meinen Bindungen an Gestern und Morgen, Oben und Unten und an meine Mitte. In selbstverantworteter Freiheit und grenzenloser Resonanz. Zu solchen Erfahrungen finde ich viel Vergleichbares in den Texten der Religionen aller Kulturkreise.
Sehr treffend zum Ausdruck kommt das in einem Gedicht von Marianne Williamson, das als Zitat aus der Antrittsrede von Nelson Mandela als Staatspräsident von Südafrika weltberühmt geworden ist:
"Unsere tiefste Angst ist nicht, daß wir der Sache nicht gewachsen sind.
Unsere tiefste Angst ist, daß wir unermeßlich mächtig sind.
Es ist unser Licht, das wir fürchten, nicht unsere Dunkelheit.
Wir fragen uns:
Wer bin ich denn, daß ich leuchtend, hinreißend, begnadet und phantastisch sein darf?
Wer bist Du denn, daß Du das nicht sein darfst?
Du bist ein Kind Gottes.
Wenn Du Dich klein machst, dient das nicht der Welt.
Es zeugt nicht von Erleuchtung, sich zurückzunehmen,
nur damit sich andere Menschen um Dich herum nicht verunsichert fühlen.
Du wurdest geboren, um die Ehre Gottes zu verwirklichen, die in uns ist.
Sie ist nicht nur in einigen von uns - sie ist in jedem Menschen.
Und wenn wir unser Licht erstrahlen lassen,
geben wir unbewußt den anderen Menschen die Erlaubnis, dasselbe zu tun.
Wenn wir uns von unserer Angst befreit haben,
wird unsere Gegenwart ohne unser Zutun andere befreien."